Mythen der Liebe – stimmt das denn?
Lieder, Bücher, Filme … Zu gern dreht sich alles um das fraglos schöne Thema Liebe. Leider aber bis hin zur wahren Mystifizierung. So halten in die reale Alltagserwartung gerne schon einmal ein paar echte Mythen Einzug. Mitunter können sich selbst erfahrene Erwachsene nicht ganz vor deren Wirkung verschließen. Verwunderlich ist das nicht. Wird der eine oder andere Mythos immer wiederholt, muss irgendwann die Frage aufkommen, ob das denn vielleicht doch stimmt? Wahrscheinlich muss es wirklich so sein? Ist die Partnerschaft nun auf lange Sicht gefährdet, weil es zuhause irgendwie anders ist?
Die Mythen bescheren viel Unsicherheit. Und können der Liebe sogar richtig gefährlich werden. Höchste Zeit also, uns die bekanntesten Irrtümer einmal genauer anzuschauen.
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Irrtum 1: Liebe überwindet alles
Wessen Partnerschaft schon einmal an unüberwindlichen Differenzen scheiterte, weiß leider aus Erfahrung, dass diese Aussage in die Welt der Mythen gehört. So schön die Liebe ist, so große Energien sie frei setzt und so geduldig sie macht: Liebe allein reicht nicht. Schicksalsschläge, wiederholte Untreue, Einschlafen des Liebeslebens, der Kommunikation, das klassische Auseinanderleben, oder, oder … Allein darauf zu bauen, dass die Liebe alle Widrigkeiten schon aushalten und überwinden wird, bürdet ihr eine sehr schwere Last auf. Die zarte Emotion kann darunter nur zerbrechen.
Irrtum 2: Die wahre Liebe gibt es nur einmal.
Wer kennt sie nicht, die romantischen Geschichten über die Jugendliebe, an die sich ein Leben lang wehmütig erinnert wird? Denn das war sie doch, die reine, ehrliche, ja die wahre Liebe.
Schade, denn damit werden die eigenen Gefühle für jeden Menschen, der danach kam, klein gemacht. Denn genauer betrachtet war diese Jugendliebe doch vor allem eins: die ERSTE große Liebe. Wie war die erste Erfahrung auf dem da noch so unbekannten Terrain? Keine Frage, sicher prägend. Ganz besonders, wenn sie erwidert und schön war.
Das heißt aber nicht, dass jeder damit seinen Lebensvorrat an großer, tiefer Liebe aufgebraucht hat und jeder neue Partner mit der höchstens mittelgroßen Version Vorlieb nehmen muss.
Zu unser aller Glück gehört diese Aussage also in die Welt der (eher düsteren) Mythen der Liebe.
Irrtum 3: Liebe braucht keine Worte.
Je länger Paare zusammen sind, desto selbstverständlicher ist es: man kennt sich, harmoniert und versteht sich auch ohne Worte. Also kein Mythos?
Doch, durchaus. Denn diese Paare verdanken ihre lange Bindung und die Fähigkeit, sich auch ohne Worte zu verstehen, absolut der verbalen Kommunikation. Probleme, ihre Lösungen, Bedürfnisse, Wünsche, Konflikte und Kompromisse – nichts davon kann schweigend vermittelt und geklärt werden. Schlicht gesagt: erst Worte ebnen den Weg, sich irgendwann auch ohne sie verstehen zu können.
Dringender Rat aller Paarcoaches und Eheberater ist nicht umsonst von je her das miteinander Sprechen. Denn es ist leider gerade die Vorstellung, man müsse sich alles von den Augen ablesen, die Paare entzweit. Der lebendige Dialog ist wirklich Fundament einer starken Beziehung.
Dass Liebe bedeutet, alles ganz ohne Worte regeln zu können, gehört also absolut in die Welt der Mythen.
Irrtum 4: Liebe kennt keine Geheimnisse.
In einer Beziehung muss man sich alles sagen. Geradeaus, es gibt nichts zu verschweigen.
Doch, das gibt es. Und das ist nicht schlecht. Alles auszusprechen, würde die Partnerschaft sehr schnell sehr kompliziert werden lassen. Überlegen Sie einmal: Wollten Sie Ihrem Partner wirklich erzählen, wie viel besser sie die Figur von Bekanntem/Bekannter X finden? Zumal das für Ihre Gefühle zu Ihrem Partner keinerlei Bedeutung hat? Soll Ihnen Ihr Partner widerum wirklich, der vollen Wahrheit geschuldet, auftischen, dass SEIN/IHR Ex vielleicht mehr erotische Freude bereitet hat?
Sie sehen, ein Geheimnis zu haben, muss nicht immer auch heißen, dass man eine schlimme Lüge hütet. Ein reibungsloses Miteinander lebt auch davon, den Partner vor Dingen zu schützen, die ihn verletzen könnten. Und nicht weniger davon, seine eigene Privatsphäre nicht aufzugeben. Wie viel Sie beide von selbiger brauchen, können Sie miteinander aushandeln. Womit wir noch einmal Punkt 3 der Mythen ausgeräumt hätten: Es braucht eben immer Kommunikation.
Irrtum 5: Wer sich liebt, streitet nicht
Jeder mit Beziehungserfahrung weiß, dass er diese Aussage leicht zu den Mythen zählen kann. Zwei Individuen treffen aufeinander. Da kann es, bei aller Alltagsharmonie, immer einmal zu Konflikten kommen. Streit ist normal. Liebe zeigt sich hier darin, dass beide im Konflikt fair miteinander bleiben. Dass sie sich entsprechend wieder versöhnen und gemeinsam Lösungen erarbeiten können.
Natürlich gibt es sie, die Beziehungen, in denen scheinbar nie gestritten wird. Nach außen mag es so wirken, doch perfekt und sorgenfrei sind diese Bindungen nicht. Oft ist sogar das ganz genaue Gegenteil der Fall. Diese Paare scheuen den Konflikt aus vielen Gründen, die der Liebe nicht dienlich sind. Beide mögen übermäßig konfliktscheu sein oder zu große Verlustangst haben. Oder, leider trifft das am Häufigsten zu, es hat sich längst Gleichgültigkeit etabliert. Wozu denn noch Differenzen diskutieren, Verbesserungen und Kompromisse aushandeln ..?
Sie merken hier schon: Fest verankerte Streitfreiheit schadet der Liebe sogar.
Irrtum 6: Liebe ist, wenn man alles zusammen macht.
Eine der größten Mythen macht aus Liebe und Nähe schnell eine fürsorgliche Belagerung. Selbstverständlich sollen Paare Ihre gemeinsamen Interessen leben. Bei allem muss der Partner jedoch nicht bei Fuß stehen. Erfahrene Paare wissen das nur zu gut. Sie wissen zu schätzen, nur auf sich achten zu können, Dinge zu erleben, von denen sie später einander erzählen können. Das ist nicht nur Balsam für das Selbstwertgefühl, nicht alles dem Partner bei- und unter zu ordnen. Es hilft auch der Partnerschaft selbst. Die kurzzeitige Trennung bewahrt den Reiz und erhält die Freude aufeinander.
Nummer 6 der Mythen sei daher klar widersprochen.
Irrtum 7: Liebe ist immer fantastischer Sex.
Am Anfang einer jeden Beziehung stehend, wird das kaum jemand als eine der Mythen bezeichnen wollen. Und das ist vollkommen normal. Der Reiz des Neuen, das immer wieder Entdecken und Genießen beschert ein spannendes Sexleben. Wer aber länger in einer Bindung ist weiß, dass die Leidenschaft abklingt. Der Sex ist noch immer gut, aber nicht mehr so häufig und vielleicht auch weniger feurig. Bedeutet das auch das Abklingen der Liebe?
Schade, Paaren wird zu oft suggeriert, sie müssten Sexualität und Liebe gleichsetzen. Dabei wird leider übersehen, dass es im Laufe der Zeit ruhiger zugehen mag, dafür aber intensiver. Der Hitze macht Vertrautheit Platz. Fühlen sich beide zufrieden und befriedigt, gibt es keinen Grund, eine Gefahr für die Liebe auszumachen.
Insgesamt lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass es sogar noch viel mehr Mythen über den Sex, als über die Liebe gibt.
Irrtum 8 und größter der Mythen: Liebe ist, wenn mein Partner mich völlig glücklich macht.
In Nummer 8 der Mythen und Irrtümer steckt eine echte Gefahr für die Liebe: zu hohe Erwartungen. Sogar eine Art der Abhängigkeit. Hohe Erwartungen, da dem Partner die Last aufgebürdet wird, für Lebenszufriedenheit des anderen zu sorgen. Abhängigkeit, weil das Selbst nur nach dem Tun des Partners ausgerichtet ist. Diese Abhängigkeit des Einen und die hohe Erwartungslast auf dem Anderen geben der Liebe selbst kaum noch Lebensraum und zersetzen damit die Bindung.
Denken Sie lieber daran, dass keiner für Sie übernehmen kann, sich selbst zu lieben, zu respektieren und zu schätzen. Das müssen Sie selbst können, nur dann gelingt es Ihnen auch, glücklich zu sein. So oft es schon gesagt wurde, ist es unverändert wahr: Glück und Zufriedenheit kommen erst einmal aus Ihnen selbst heraus. Pflegen Sie Ihr Selbstbewusstsein, schließen Sie Frieden mit unschönen Dingen aus der Vergangenheit.
Was Ihr Partner Ihnen gibt, ist die wundervolle Zugabe, die Sie dann auch wirklich genießen können.
Die wahre Geschichte der Liebe – in Stichworten
1. Was Liebe ist, entscheiden Zeitgeist und Kultur.
2. Es gibt nur eine erste Liebe – aber noch viele große „Lieben“.
3. Auch bei Seelenverwandten geht nichts ohne gesprochene Worte.
4. Kleine Geheimnisse beschützen große Gefühle.
5. Streit darf sein, denn Liebe macht ihn lösbar.
6. Es zählen nicht möglichst viele, sondern möglichst schöne gemeinsame Momente.
7. Nachlassendes Feuer ist nicht gleich auch nachlassende Liebe.
8. Glück kommt erst einmal von innen. Von außen kommt die Zugabe.
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