Verzeihen – So fällt Vergebung etwas leichter
Verzeihen, vergessen, vergeben … Oftmals gar nicht so einfach, wie man es sich selbst wünschen würde. Der Kränkende hat sich entschuldigt? Sie wissen das es ernst gemeint ist und möchten gerne einlenken. Vielleicht haben Sie auch schon zugesagt und den Fehler vergeben, aber die Verletzung sitzt noch immer tief.
Oder hat es nie ein Gespräch gegeben und Sie müssen nun allein für sich sich zu einer Lösung finden?
Ist wirkliches Vergeben unmöglich …?
Zum Glück nicht. Verzeihen kann man lernen, wenn man mit Geschehenem umzugehen weiß.
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Was bedeutet Verzeihen?
Dazu muss man erst einmal festhalten, was es nicht bedeutet. Und zwar, dass es jeden noch so schweren Fehler ungeschehen macht. Oder gar goutiert. Nichts ändert sich daran, dass sich jemand Ihnen gegenüber so schlecht verhalten hat, dass Ihre Gefühle verletzt wurden.
Aber Verzeihen verbannt den Vorfall dorthin, wo er hin gehört. In die Vergangenheit. Es ist passiert, dem wird jedoch keine Präsenz gewährt, kein Raum mehr gegeben. Der Entschluss zu vergeben ist der Entschluss, das Leben und das eigene Wohlbefinden nicht dieser negativen Erfahrung unter zu ordnen. Sie erlauben ihr nicht, Ihre Zuversicht und Lebensfreude einzutrüben.
Davon ist übrigens unabhängig, welche Konsequenzen Sie aus der Verletzung ziehen. Ist der Verletzende weiter Teil Ihres Lebens? Oder zwingt Sie dessen Verfehlung, künftig getrennte Wege zu gehen? Wie erwähnt: Verzeihen heißt nicht ungeschehen machen. Sie können sich daher entschließen, mit diesem Menschen nicht mehr zu leben. Vergeben können Sie ihm dennoch. Denn Verzeihen bedeutet immer Entlastung und wirkliche Heilung emotionaler Wunden. Verzeihen macht ausgeglichen und am Ende, so einfach wie wahr, glücklich.
Verzeihen darf Zeit brauchen
Auch bei aller aufrichtig gezeigten Reue: Je nach dem, was sich der Andere zuschulden kommen lies, ist Verzeihen sehr schwer. Übergehen Sie sich dabei nicht selbst. Spüren Sie, auch nach intensiver Aussprache, dass die Verletzung noch Bestand hat, erbitten Sie sich mehr Zeit. Ordnen Sie Ihre Gefühle, lassen Sie die Aussprache Revue passieren und einwirken. Ergründen Sie, was genau Ihnen das Verzeihen noch schwer macht.
Der Prozess des Verzeihens
Betrachten Sie, was zu verzeihen ist
Was genau, ganz faktisch, ist zu vergeben? Sehen Sie genau hin, ob die aus aktuellem Anlass entstandene Kränkung vielleicht von negativen Ereignissen der Vergangenheit verstärkt werden. Empfindungen aus alten, ungelöst gebliebenen Konflikten können sich leicht unter neue Begebenheiten mischen. Selbst, wenn es gar keine Parallelen zwischen beiden gibt. Das Unterbewusstsein zählt in diesem Moment nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zusammen: die Verletzung. Diese Vermischung wühlt noch weiter auf. Und schon fällt das Verzeihen noch einmal schwerer.
Richten Sie Ihren Fokus daher in Ruhe und klar auf den konkreten Anlass. Nur dann können Sie sich wirklich entlasten und letztlich vergeben.
Der Prozess des Verzeihens darf emotional sein
Die Verfehlung Ihnen gegenüber war groß. Schlucken Sie Verletzung und entstandene Wut nun nicht herunter. Nehmen Sie Abstand zum Anderen ein. Seien Sie wütend, weinen Sie, reagieren Sie sich beim Sport ab, usw. … Hier hilft alles, was sich (auch) bei der Bewältigung von Liebeskummer als hilfreich erweist.
Sie dürfen einfach tun, was immer Ihnen Erleichterung und somit allmähliche Beruhigung verschafft. Erst dann können Sie sich wirklich ganz dem befreienden Verzeihen widmen.
Verzeihen können Sie nur freiwillig
Wie auch beim Entschuldigen gilt: ohne Freiwilligkeit geht es nicht. Setzen Sie sich nicht unter Druck, um des lieben Friedens Willen einzulenken. Lassen Sie sich weder von Ihrem Gegenüber, noch (unbeteiligten) Dritten dazu drängen, sich wieder versöhnlich zu zeigen. Tun Sie das nicht freiwillig, schwelen Frust und Ärger im Stillen weiter. Das belastet zunehmend, bis es irgendwann aus Ihnen herausbrechen muss – und prompt stehen Sie als nachtragend da.
Sagen Sie Ihr Verzeihen daher nur dann zu, wenn Sie sicher wissen, auch abschließen zu können.
Vergebung statt Vergeltung
Erleichtert das Verzeihen: die Sicht des Anderen
Die Position des Anderen einzunehmen, kann manchmal eine Hilfe sein, seine Verletzung zu mildern. Warum kam es zu diesem Handeln oder diesen kränkenden Worten? War wirklich Bosheit der Grund? Oder eher ein Missverständnis? Vielleicht auch schlichte Unbefangenheit, übergroße Verärgerung, Angst, oder, oder …
Verzeihen und Rache schließen sich immer aus!
Zum Schluss das Wichtigste: Sie können niemals eine angemessen scheinende Strafe ersinnen und gleichzeitig verzeihen. Auch wird Ihnen Rache niemals den Weg zum Verzeihen erleichtern, da Sie ja nun beide „quitt“ sind.
Sogar, wenn Ihre Sanktion lediglich aus besonders langem Schmollen besteht: Sie halten Ihre Gram und Enttäuschung selbst weiter aufrecht.
Zahlen Sie sogar mit gleicher Münze heim, haben Sie hinterher nichts weiter als nun zwei in ihren Gefühlen verletzte Menschen. Zudem liegt jetzt auch Schuld auf Ihnen, jemandem Schaden zugefügt zu haben. Dieser Jemand mag Sie damals aus Unbedarftheit oder Nachlässigkeit verletzt haben. Sie haben es nun, wider besseres Wissen, mit Absicht getan.
Sie sehen schon, damit stehen Sie unter dem deutlich schlechteren Licht …
Fazit also: Rache geht sehr verlässlich voll zu Ihren (seelischen) Lasten. Und sorgt gern dafür, dass diese Last noch lange auf Ihren Schultern bleibt.
Verzeihen bedeutet daher immer auch, sich zu befreien, indem Sie Frieden schließen. Mit dem Anderen, dem Geschehenen und nicht zuletzt mit sich und den eigenen Gefühlen.
Verzeihen: Im Überblick, wie es etwas leichter fällt
1. Vergebung hält Vergangenes dort, wo es hin gehört: in der Vergangenheit.
2. Verzeihen bedeutet, Frieden zu schließen, nicht ungeschehen zu machen oder gutzuheißen.
3. Verzeihen und das Ziehen von Konsequenzen sind voneinander losgelöst.
4. Lenken Sie nicht ein, wenn Sie eigentlich noch mehr Zeit dazu brauchen.
5. Mischen sich Altlasten unter? Sehen Sie genau und in Ruhe hin, was wirklich zu vergeben ist.
6. Unbedingter Teil des Verzeihungsprozesses: Geben Sie verletzten Gefühlen ihren Raum.
7. Lassen Sie keinen Druck zu. Nur, wenn Sie freiwillig vergeben, vergeben Sie auch wirklich.
8. Warum könnte das geschehen sein? Versuchen Sie, das Tun des Anderen nachzufühlen.
9. Beachten Sie unbedingt: Rache geht immer und in jeder Hinsicht zu Ihren vollen Lasten. Machen Sie daher keinerlei Energie dafür frei.
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